Kopf - Flora und Fauna - Harzurlaub
 


Die Waldameisen



Sie haben eine Monarchie und eine soziale Gemeinschaft. Sie kennen keine Arbeitslosigkeit, sie bauen „Gebäude und Straßen“, sie führen Kriege und halten Sklaven.  Sie sind die Gesundheitspolizei  des Waldes. Und sie leben in Polygynie, in Großfamilien oder in Familienverbänden (Staatenverbänden). Ein Volk kann durchaus eine Kopfstärke von mehr als einer Million haben. Die Waldameisen, von denen hier die Rede ist,  sind gegenüber dem Menschen im Harz in absoluter Überzahl.

Im Harz treffen wir bei der Gattung der Waldameisen ( Formica) zum Großteil die Art der Roten Waldameise an. Dieser Hautflügler war in den 70-90er Jahren im Harz stark dezimiert, ihr Bestand hat sich aber in den letzten Jahren wieder stabilisiert. Waldameisen gehören mit einer Körperlänge von 5 bis 10mm (Arbeiterinnen) nicht zu den unscheinbarsten Insekten des Waldes. Auch nicht unscheinbar, sondern sofort ins Auge fallend, sind ihre Nester. Für dessen Bau suchen sich die Ameisen einen morschen Baumstumpf, den sie mit einem Haufen Naturmaterial ummanteln. Zum Großteil  werden Baumnadeln, Blätter, kleine Zweige sowie Moos und Gras dafür zusammengetragen. Diese „Ameisenhügel“ können  beeindruckende Bauten sein, die Höhen und Durchmesser bis zu 3m erreichen können. Als Standorte werden sonnendurchflutete Stellen am Rand von Laub- und Nadelwäldern bevorzugt. Wie bei allen Völker bildenden Insekten gibt es auch bei Ameisen Königinnen, Männchen und Arbeiterinnen. Königinnen und Männchen sind etwa gleichgroß, zwischen 8 und 12mm, und widmen sich ausschließlich der Fortpflanzung. Die unzähligen Arbeiterinnen haben unterschiedliche Funktionen wie z.B. Nestbau, Nahrungsbeschaffung und Ernährung des Nachwuchses. Sie sind unfruchtbar und flügellos. Die Männchen dagegen habe Flügel  und ein nur sehr kurzes Leben.  Auch die bis zu 20 Jahre alt werdenden Königinnen haben Flügel. Auf ihrem Hochzeitsflug im Juni empfängt sie einen Spermavorrat, der ein Leben lang reicht. Die Königin kehrt dann in Ihr Nest zurück, nachdem sie zuvor ihre Flügel abgestreift hat.

 Waldameisenhaufen - gezeichnet von H.Heindorf 2018                        

Königinnen und Arbeiterinnen überwintern in Starre in Ihrem Nest. Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen im zeitigen Frühjahr, kehrt dann das Leben in die Ameisennester zurück. Mit organisierter Betriebsamkeit, die auf uns Menschen hektisch wirkt, wird der Bau repariert und Nahrung gesucht.  Und die Arbeiterinnen heizen in der wärmenden Sonne zu Hunderttausenden Ihre kleinen Körper auf und tragen die gespeicherte Wärme in das Innere Ihres Baus um diesen aufzuwärmen. Das Nahrungsspektrum der Roten Waldameisen ist breit gefächert. Insekten aller Art, Raupen, Spinnentiere, Larven und Aas aber auch der Saft von Früchten und  Baumen stehen auf dem Speiseplan. Und in den Sommermonaten gehen die Ameisen weite Wege zum Sammeln von Honigtau. Der ist ein Ausscheidungssekret von Blatt- und Schildläusen und ist die hochwertigste Nahrung für das ganze Volk.

Waldameisenhaufen  Waldameisenhaufen

Die Ameisen sorgen sich daher sehr um das wohlergehen ihrer Blattlauskolonien. Und sie beschützen sie wehrhaft gegen Fressfeinde, insbesondere gefräßige Marienkäfer. Beim „Melken“ ihrer Blattläuse sind die Ameisen derart  in Extase, dass sie viel Nektar verschütten. Diese Reste werden von den Bienen aufgenommen, die uns davon den begehrten Waldhonig bescheren.  Es wird ersichtlich, dass Rote Waldameisen nicht nur geschützt sind weil sie bedroht sind, sie sind auch sehr nützlich und zum Teil für das Ökosystem Wald unentbehrlich. So sind die Spechte und Rauhfußhühner auf die nahrhaften Krabbler und ihre Puppen angewiesen. Und Vögel nehmen gern ein Ameisenbad um sich so von lästigem Ungeziefer zu trennen. Auch verbreiten sie die Samen zahlreicher Pflanzen, was zur Folge hat, dass in der Umgebung der Nester oft sogenannter „Ameisenwälder“ entstehen. Zahlreiche Versuche der An- und Umsiedlung von Waldameisenvölkern sind in der Vergangenheit kläglich gescheitert. Diese „krabbelnde Monarchien“ lassen sich vom Menschen so leicht nicht beeinflussen. Und ob wir sie als nützlich ansehen oder nicht wird  ihnen wohl gleichgültig sein. Sie sind von großer  Bedeutung für unsere Wälder und nur das ist wichtig ! 

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Copyright Fotos und Text: Bernd Sternal 2008/2018

Der Harz - Faszination Natur
von Bernd Sternal
Der Harz - Faszination Natur von Bernd Sternal

 

Wir treten für den Schutz von Eisbären, Tigern, Löwen und anderen Raubtieren ein, den Wolf in Deutschland lehnen wir jedoch zum Großteil ab und auch der teilweise wieder angesiedelte Luchs ist vielen suspekt. Wir schützen Tiere und Pflanzen, wobei der Schwerpunkt auf niedlichen und ungefährlichen Tieren liegt, bei Pflanzen müssen diese möglichst ansehnlich sein, hübsch blühen oder wohlschmecken. Borkenkäfer, Fliegen, Wespen, Weg- und Gartenameisen, Motten, Asseln und vieles mehr haben hingegen keine Lobby, dennoch sind sie alle Bestandteile unserer Natur.
Wir unterscheiden in Neobiota und einheimischer Flora und Fauna. Unter ersterem versteht man Arten von Tieren und Pflanzen, die erst nach dem 15. Jahrhundert hier eingeführt oder eingewandert sind. Dazu zählen beispielsweise bei den Tieren: Waschbären, Marderhunde, Nerze, Nutrias, Mufflon oder Streifenhörnchen. Bei den Pflanzen ist der Riesenbärenklau derzeit in aller Munde, es gibt jedoch weitere unzählige Arten. In Deutschland kommen mindestens 1.100 gebietsfremde Tierarten vor. Davon gelten allerdings nur etwa 260 Arten als etabliert, darunter 30 Wirbeltierarten.
Übrigens: Auch die Kartoffel, die Tomate, der Paprika und die Gurke sind Neophyten, also nicht heimische Arten.
Wir beginnen dann Arten in nützliche und schädliche zu unterscheiden. Dabei nehmen wir wenig Rücksicht auf die Rolle der jeweiligen Art in den Ökosystemen, oftmals kennen wir diese auch gar nicht. Wir führen Tiere und Pflanzen aus der ganzen Welt ein und sind dann verwundert, wenn die eine oder andere Art außer Kontrolle des Menschen gerät und sich unkontrolliert vermehrt. Den Rest, in Bezug auf neobiotische Pflanzen, Tiere und Pilze, erledigt die Globalisierung.
Auch unsere Landschaft verändern wir fortwährend. Was durch geologische Prozesse in vielen Millionen Jahren entstanden ist, weckt seit einigen Jahrhunderten das zunehmende Interesse des Menschen. Wir betreiben Bergbau - unterirdisch und in Tagebauten -, wir fördern Erdöl und Erdgas aus den Tiefen unseres Planeten, wir bauen Sand, Kies, Kalk, allerlei Gestein und vieles mehr ab.
Zwar versuchen wir mittlerweile den Abbau fossiler Brennstoffe zu begrenzen und einen Ausstieg vorzubereiten, jedoch ist die Bauindustrie unersättlich. Unsere Städte, Dörfer, Verkehrswege und Firmenanlagen fordern ihren Tribut. Jedoch muss der Großteil der Welt erst noch Straßen und feste Gebäude erbauen. Wollen wir das diesen Menschen versagen?

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